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Lohrer Echo, 22.04.2002

Waldarbeiter waren flexible Multitalente

Den neuen Kulturrundweg Wombach/Rodenbach am Samstagvormittag mit einer Wanderung offiziell eröffnet

Lohr-Wombach/-Rodenbach. »So können wir es wirklich schaffen, die Kulturlandschaft Spessart darzustellen«. Begeistert zeigte sich Dr. Gerrit Himmelsbach, Leiter des archäologischen Spessartprojektes mit Sitz in Aschaffenburg, am Samstagvormittag bei der Eröffnung des rund zehn Kilometer langen Kulturrundweges Wombach/Rodenbach, der dem »Multitalent Waldarbeiter« gewidmet ist.

Wombach und Rodenbach hätten vielen Dörfern im Spessart eines voraus, unterstrich Dr. Himmelsbach: Die kontinuierliche ruhige Entwicklung im Gegensatz zu Entwicklungsbrüchen wie etwa in Frammersbach mit Aufstieg und Fall der Fuhrleute oder in Neustadt mit der Säkularisation des Klosters. So sei es Wombach und Rodenbach gelungen, sich »sehr weit mit ihrem Wald zu verwurzeln«. Dieser Prozess sei durch viel Privatwald begünstigt worden, der vielfältige. Wirtschaftsmöglichkeiten eröffnet habe.

Fünf Stationen

Diese Möglichkeiten werden bei den fünf Stationen dargestellt. Die erste Tafel an der Kirche in Wombach stellt das »Multitalent Waldarbeiter« vor. Die Waldarbeiter mussten früher nicht nur Holz fällen, sägen und transportieren. Um ihren Familien den Lebensunterhalt zu sichern, gehörten die Niederwaldbewirtschaftung, die Landwirtschaft und Arbeiten im Steinbruch zu ihrem Alltag. Sie mussten also bereits damals können, was heute immer mehr gefordert wird, nämlich flexibel auf wechselnde Lebensumstände reagieren.

Von Wombach führt der Weg hinauf zum Karl-Neuf-Platz. Nach der Aufgabe i des im 19. Jahrhundert erschlossenen Bundsandsteinbruchs wurde auf der Abraumhalde eine Aussichtsplattform errichtet, die den Namen von Karl Neuf erhielt, der Lohrer Wanderwart des l Spessartvereins war. Inzwischen hat sich der Wald sein Revier zurückerobert, die Aussicht ist zugewachsen. Der Ort ist zu einem Pflanzenrefugium mit speziellen Gewächsen geworden, wie beispielsweise dem Adlerfarn.

Wie vor 200 Jahren

Vom Karl-Neuf-Platz führt der Weg, der mit dem gelben EU-Schiffchen auf blauem Grund markiert ist, durch den schattigen Wald bis zum steilen Abstieg auf dem Pfad nach Rodenbach. Auf dem Weg dorthin wird bei der dritten Station die historische Waldnutzung vorgeführt. Niederwaldbewirtschaftung bedeutete: Laub und Zweige wurden zusammengerecht und als Streu und Futterzusatz für das Vieh gesammelt, neu austreibende Buchenstöcke wurden geerntet. Alles, was der Wald hergab, wurde verwendet.

In Rodenbach angekommen, können Wanderer von der 2001 renovierten Mariengrotte aus einen Blick über die Dächer des Lohrer Stadtteiles werfen und eine Zeitreise in die »Goade« machen. Die »Goade« ist eine Gasse, wie sie vor 200 Jahren ausgesehen haben mag. Auf wenigen Metern ist hier die Zeit stehengeblieben. Der enge Durchgang zwischen den eng verschachtelten Gebäuden vermittelt einen Eindruck von den früheren Wohnverhältnissen der Waldarbeiter.

Nach der Mariengrotte bleibt der Weg über dem Talgrund, bis in Wombach wieder der Ausgangspunkt erreicht wird. Auf diesem Teilstück kann man sich über den »Ackerbau auf Handtuchfeldern« informieren. Als Folge des Mainzer Realerbteilungsrechts in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden die Bauerngüter in jeder Generationsfolge geteilt, bis die Parzellen nur noch winzig waren und teilweise nur wenige Quadratmeter umfassten. Der Ertrag war so gering, dass andere Einkommensquellen erschlossen werden mussten - zum Beispiel als Waldarbeiter.

Die Verwirklichung des Kulturrundweges, der mit seinen fünf Tafeln und 3000 Broschüren 10500 Euro kostete, sei nur möglich gewesen, weil alle an einem Strang gezogen hätten, betonte Dr. Himmelsbach. Dass es in Wombach und Rodenbach so gut geklappt habe, zeige, dass sich die Einwohner mit ihrer Heimat identifizierten.

Die Verbundenheit der Wombacher und Rodenbacher dokumentiere unter anderem die Rekordzahl von 19 Sponsoren, die das Projekt unterstützten. »So viele hatten wir noch nie«, sagte Dr. Himmelsbach. Besonderen Dank stattete der Leiter des archäologischen Spessartprojektes Bernhard Nätscher, als »Antreiber« vor Ort ab.

Dokumentieren, wie es war

Stellvertretender Landrat Heinz Nätscher (Urspringen) bezeichnete den neuen Rundweg als »Fortschritt in Sachen Kultur und Fremdenverkehr«. Es sei »heute wichtiger denn je, dass man dokumentiert, wie es früher im Spessart war«, denn wegen der fortschreitenden Mechanisierung seien kaum noch Waldarbeiter zu sehen.

Bürgermeister Siegfried Selinger war mit Schneewittchen (diesmal ohne die Zwerge) gekommen, das die etwa 70 Wanderbegeisterten mit Äpfeln versorgte. Kurz vor Rodenbach konnten sich die Wanderer an der Jagdgenossenschaftshalle mit »Lakenfleisch« stärken. Am Nachmittag folgte die Rückkehr nach Wombach. Unterstützt wurde die Eröffnungsfeier von der Feuerwehr Rodenbach.

 

Der neue Kulturrundweg Wombach/Rodenbach ist den Waldarbeitern gewidmet. Station 1 ist der Startpunkt in Wombach am Dorfplatz; Station 2 ist der Karl-Neuf-Platz, wo über die Arbeit im Steinbruch informiert wird; Station 3 widmet sich der historischen Waldnutzung; Station 4 an der Mariengrotte in Rodenbach gibt einen herrlichen Blick auf Rodenbach und einen Einblick in eine typische alte Gasse; Station 5 hat als Thema den Ackerbau auf »Handtuchfeldern«.


 

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