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Lohrer Echo, 29.04.2002

"Ritter, Fürst und Wellekipper"

Haibacher Kulturweg vermittelt Verbindung zwischen fürstbischöflicher Stadt, Umland und einfachem Volk

Haibach (Kreis Aschaffenburg). »Ritter, Fürst und Wellekipper«: Dieser Titel für den Haibacher Kulturweg zeigt die ehemalige Verbindung zwischen dem fürstbischöflichen Aschaffenburg, den Ministerialen rund um die Stadt in Form des Ritters Reiner von Heydebach und dem einfachen Volk, dem nur die harte Arbeit in den Steinbrüchen oder das Astholz im Wald (zu handlichen Längen »gekippt« und zu »Wellen« gebunden) übrig blieb. Auf drei Kilometer führt der Weg, der am Samstag eröffnet wurde, zu Stationen, die für Haibach und die nahe Stadt früher große Bedeutung hatten.

Haibachs Bürgermeisterin Heidrun Schmitt machte diese herausragende Stellung deutlich: Der Kulturweg führe zu einzigartigen Dokumenten, die nicht nur historischen Wert hätten, sondern heute Zeugnis für die Kulturgeschichte der Heimat geben. Der neue Landrat des Kreises Aschaffenburg, Dr. Ulrich Reuter, betonte die Verbindung zwischen Stadt und Landkreis in lebenswichtigen Dingen, die besonders durch die Brunnenstube der Schlosswasserleitung deutlich werde. Peter Körner vom Verein zur Erhaltung und Pflege der Kulturdenkmale im Landkreis Aschaffenburg bescheinigte Haibach viele interessante Stellen, die oft unbeachtet blieben. Mit dem Kulturweg könnten einige der bedeutendsten Punkte herausgehoben werden. Der Weg biete sich auch an als ein Teil eines Höhenwegs rund um Aschaffenburg, da er Blickbeziehungen auf die Stadt erlaube.

Besucher können dem Weg anhand der blauen Markierung mit dem gelben Wikingerschiff als dem Zeichen des europäischen Projekts »Pathways to Cultural Landscapes« folgen. An den Stationen sind Informationstafeln aufgestellt, die ausführliche Informationen bieten. Dieter Hock vom Haibacher Heimat- und Geschichtsverein dankte allen beteiligten Institutionen, den Spendern und vor allem den Helfern des Vereins, mit deren Hilfe das Projekt Brunnenstube und Kulturweg erst möglich gemacht wurde.

Am Ringwall am Eingang des Haibacher Schweiztals beginnt der Weg. Dr. Gerrit Himmelsbach vom archäologischen Spessartprojekt berichtete dort von der erfolgreichen Suche nach der Ketzelburg mit der Methode der geophysikalischen Prospektion, bei der Grundmauern einer Burganlage nachgewiesen wurden. Auf der Grundfläche von etwa 10 mal 10 Meter habe ein Wohnturm gestanden, der auf dem Plateau von Befestigungen und einem Graben umgeben war. Wenige Holzhütten standen in der Nähe. Um diese Anlage herum war ein Wall mit Holzpalisaden.

Wer dort gewohnt habe und warum diese »Motte« schon bald wieder aufgegeben wurde, sei noch ungeklärt. Hinweise aus geschichtlichen Quellen zeigen auf das Jahr 1190. Um den Einfluss von Papst und Kirche zu stärken und das Territorium auszubauen, wurden Ministerialen eingesetzt.

Dieser Personengruppe gelang es, sich im Spannungsfeld von Kirche und Kaiser eine lokale Machtbasis zu schaffen. So entstand um Aschaffenburg ein Ring von Befestigungen, auf dem sich eine weitläufig verwandte Ministerialengruppe breit machte. Nach dem Tod des Fürstbischofs Christian von Buch ließ dessen Nachfolger Konrad von Wittelsbach die »Missstände« der lokalen Macht nicht zu und veranlasste, dass die kleinen Burganlagen aufgegeben wurden.

Nächste Station ist das »Hohe Kreuz« im Soldatenfriedhof, das 1844 von dem damaligen Aschaffenburger Bürgermeister Adalbert von Herrlein errichtet wurde. Es markierte einen Aussichtspunkt, von dem man Aschaffenburg überblicken konnte. Ein weiterer Aussichtspunkt war 1890 erbaut worden, das Büchelberg-Haus, zu dem ein Seitenweg hinführt.

Einen Abstecher wert sind auch die Drei Kreuze am Bessenbacher Weg. An dieser Stelle sollen zwei Freundinnen in Streit um den »edlen Ritter« geraten sein und sich gegenseitig erschlagen haben. Nach Jahren der Buße und Pilgerschaft ins Heilige Land habe sich dann Reiner zwischen den beiden Kreuzen zum Sterben niedergelegt.

Über den Bessenbacher Weg, der alten Poststraße von Aschaffenburg nach Würzburg, kommt man zurück auf den beschilderten Kulturweg, der zu dem ältesten Haibacher Bauwerk führt.

Albin Blatt vom Heimat- und Geschichtsverein erläuterte die Bedeutung: Erbaut wurde die Brunnenstube für das erste Aschaffenburger Schloss unter dem Kurfürsten von Mainz, Kardinal Albrecht von Brandenburg, im Jahre 1525. Die Brunnenstube ist ein überbautes Absetzbecken, Sarg genannt, in dem Quellwasser gefasst wird und sich schwere Teile absetzen können.

Nachdem das Wasser das Becken oder den Sarg passiert hatte, konnte es in Röhren (aus Stein gefertigte Hohlquader) über den Kühruhgraben in Richtung Aschaffenburg fließen und dort das Schloss mit frischem Trinkwasser versorgen. Durch die Rekonstruktion der Anlage kann dem Besucher vermittelt werden, in welcher Weise sich das höfische Volk im 16. Jahrhundert mit dem lebenswichtigen Grundelement Trinkwasser versorgte. Ferner will das Objekt deutlich vorstellen, mit welchen Mechanismen die Trinkwasseraufbereitung in diesem Zeitabschnitt erfolgte. Bei der Rekonstruktion ließen die Planer unter der Leitung von Albin Blatt die südwestliche Wandscheibe entfallen, um durch diese Einblickmöglichkeit die Funktion wahrnehmen und nachvollziehen zu können sowie die »Faszination Quelle« zu erleben.

Letzte Station ist das Naturdenkmal Wendelbergsteinbruch, an dem Dr. Robert Ritter vom Bund Naturschutz auf die Bedeutung des Naturdenkmals einging. 1986 wurde der ehemalige Steinbruch unter Schutz gestellt, um das Gelände mit seinen Randbereichen wegen ihrer Eigenart sowie ihrer ökologischen, wissenschaftlichen und geologischen Bedeutung zu erhalten. Mit seiner mächtigen Steilwand, seinen offenen Trockenflächen und den ganzjährigen Feuchtgebieten ist das Gelände zu einem Rückzugsgebiet und Lebensraum für zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten geworden.

Die Ortsgruppe des Bund Naturschutz führt regelmäßige Pflegemaßnahmen durch, um die Feuchtrasen, Sandtrockenrasen und Ruderalsteilen zu erhalten. Ohne diese gezielten Eingriffe würde sich der Steinbruch in wenigen Jahrzehnten in ein Waldgebiet verwandeln und so den jetzt typischen Artenbestand selbst vernichten.

Interessant ist der Steinbruch auch als Erinnerung an einen ausgestorbenen Haibacher Erwerbszweig. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde hier das Urgestein Biotit-Gneis, besser bekannt als der »Haibacher Blaue« abgebaut. Das Gestein enthält an Mineralien zuweilen auch schwarzen Tumalin und braunrote Kristalle von Mangan-Granat, dem Spessartin.

 

Die gelungene Rekonstruktion der Brunnenstube der Aschaffenburger Schlosswasserleitung bewundern (von links) der neue Landrat des Kreises Aschaffenburg, Dr. Ulrich Reuter, Dr. Gerrit Himmelsbach vom Archäologischen Spessartprojekt, Haibachs Bürgermeisterin Heidrun Schmitt, der Vorsitzende des Vereins zur Erhaltung und Pflege der Kulturdenkmale im Landkreis Aschaffenburg, Peter Körner, und Dieter Hock und Albin Blatt vom Haibacher Heimat- und Geschichtsverein.

Foto: Robert Fuchs


 
design: Kai M. Wurm
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