Homepage
 The Project  
 Projects of the Partners  
 The Forum  
 Virtual Exhibition  
 Didactics  
 News  
 News  
 Press Comments  
 Service  
 
Imprint
  


Culture 2000

European Union

 

Press Comments


Main Post, 08.05.2003

Funde künden von Bedeutung der Partensteiner Burganlage

Siegburger Becher, Aachenhörner und Kachelöfen als Beispiele aus 4000 Scherben

Partenstein. Die in den letzten Monaten von Reinhold Scherg geborgenen Fundstücke von der Burg Partenstein präsentierte am Montagabend der Projektleiter des Europäischen Koordinationsbüros »Pathways to Cultural Landcapes«, Harald Rosmanitz, dem Gemeinderat. Die Untersuchungen zu den Funden aus der Ruine Partenstein stehen in Zusammenhang mit dem Europaprojekt zur Erforschung von Kulturlandschaften und dem archäologischen Spessartprojekt, weil sie über die Erhellung der Ortsgeschichte hinaus in Verbindung mit den Untersuchungen im Wiesener Schloss und auf dem Vorplatz des Fuhrmann- und Heimschneidereimuseums in Frammersbach wesentliche Kenntnisse zur wirtschaftlichen Entwicklung des Spessarts am Übergang vom Spätmittelalter zur Frühneuzeit gebracht haben. Die Vorgänge wirkten sich unmittelbar auf die Kulturlandschaft Spessart aus und prägten den Landschaftscharakter bis heute. Von der Bausubstanz der Burg Partenstein ist so gut wie nichts mehr erhalten. Nach Aussage der überlieferten Darstellungen und Archivalien war die Burg schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts in einem schlechten baulichen Zustand und wurde im 17. Jahrhundert aufgegeben. In den letzten zweihundert Jahren diente sie als Steinbruch zur Errichtung der Häuser in Partenstein. Über die Burg ist wenig bekannt. Dennoch bekommt man vor Ort durch den noch erkennbaren Halsgraben eine Vorstellung von der Bedeutung der Anlage. Immerhin wurde dort Sandstein bis in eine Tiefe von zehn Metern abgetragen, um Angreifern den Zugang zur Burg erheblich zu erschweren. »Wir wissen bislang über die Burg, über ihre Bedeutung und über ihre Bewohner vergleichsweise wenig«, meinte Harald Rosmanitz. Besonders gilt das für die Blütezeit, die nach den Funden grob zwischen 1350 und 1500 angesetzt werden kann. Durch die nun neu zu Tage getretenen Funde kann zumindest etwas Licht ins Dunkel gebracht werden: An der Fernstraße Lohr-Gelnhausen und am Schnittpunkt zweier Täler gelegen, beherrschte die Anlage bis zur Perfektionierung von Schusswaffen (gegen 1500) eine der wichtigsten Verkehrsadern des Spessarts.

Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn im Fundmaterial zahlreiche Importe nachgewiesen werden konnten: beispielsweise Fragmente von Siegburger Bechern aus Steinzeug. Diese Art von Keramik wurde in Siegburg bei Bonn von hoch spezialisierten Handwerkern gefertigt und war bei zahlungskräftigen Kunden besonders begehrt. Die steinartigen Becher waren im Gegensatz zur herkömmlichen Keramik sehr hart gebrannt, tropften nicht und nahmen auch nicht den Geschmack der Getränke an. Bis ein solcher Becher auf die Burg in Partenstein gelangte, hatte er einen weiten Weg hinter sich: In Köln auf dem großen Keramikmarkt gehandelt, wurde das gute Stück über Rhein und Main per Schiff nach Lohr getreidelt (die Schiffe wurden mit; Pferden an Seilen gegen die Fließrichtung die Flüsse hinaufgeschleppt). Nicht nur die Transportkosten, sondern auch die vielen Zollschranken, die es dabei zu passieren galt, dürften den Preis der Ware mehr als verzwanzigfacht haben. Bis ein solcher Becher schließlich in Partenstein ankam, war er ein heiß begehrtes Luxus- und Prestigeobjekt. Eine andere Geschichte erzählt das Fragment eines Pilgerhorns, eines so genannten Aachenhorns. Dieses Blasinstrument bestand ebenfalls aus Keramik und wurde um 1400 in Langerwehe bei Aachen gefertigt. Sol­che Hörner waren beliebte Souvenirs von Pilgern, die an der großen Heiltumsfahrt nach Aachen teilnahmen. In Aachen wurde am Dom von einer Galerie aus das »Kleid Mariens« gezeigt. Die Zurschaustellung dieser bedeutenden Reliquie begrüßten Zehntausende von Pilgern mit ohrenbetäubendem Lärm aus diesen tönernen Hörnern. Zu Hause konnten Aachenhörner vor allem zur Vertreibung von Unwettern und als Signalhörner genutzt werden. Weitere Importe von Keramik sind ebenfalls um 1400 aus der Töpferstadt Dieburg nachgewiesen. Von dort orderte man nicht nur hochwertiges Koch- und Trinkgeschirr. In Partenstein sorgte mindestens ein Kachelofen aus den Dieburger Werkstätten im Winter für wohlige Wärme. Insgesamt sprechen die Funde dafür, dass die Kachelöfen der Burg Partenstein durch die Jahrhunderte hinweg sehr modern und außerordentlich aufwendig gestaltet waren. Insgesamt konnte mehr als ein Dutzend verschiedener Öfen nachgewiesen werden. Besonders hervorzuheben ist ein Ofen mit den wohl ältesten reliefierten Kacheln in Franken, zu dem bislang Vergleiche lediglich in Regensburg, Zweibrücken und Prag vorliegen. Die Bildersprache auf diesem exorbitanten Luxusartikel besteht aus Architekturzitaten und Figuren aus Heiligenlegenden. Ein Eckstück zeigt einen Löwen, wie er auch auf Fliesenfußböden, Wandbehängen oder Schnitzereien auf Möbeln jener Zeit anzutreffen ist. Die Beispiele lassen erkennen, welche Bedeutung den mehr als 4000 gefundenen, meist nur daumennagelgroßen Scherben aus der Ruine Partenstein zukommt. Sie erzählen Geschichte(n), beleuchten das Alltagsleben der Burgbewohner und führen vor Augen, dass die Burg Partenstein am Übergang vom Mittelalter zur Renaissance mehr als nur eine Spessartburg unter vielen war. Ganz nebenbei widerlegen die Funde auch das Klischee vom »armen Spessart«. Verglichen mit Südwestdeutschland lebten hier Niederadlige und Handwerker in Saus und Braus, erlebte die Region eine frühindustrielle Revolution, basierend auf zahlreichen Mühlen, der Holzverarbeitung, der Glasmacherei und dem Schmiedehandwerk. Nur durch einen solchen Wirtschaftsboom lässt sich die reiche Ausstattung der Burg Partenstein in diesen Jahrhunderten erklären. Nach der Aufarbeitung der Funde sollen die Ergebnisse in einem Vortrag und einer Ausstellung im Herbst 2003 der Öffentlich­keit zugänglich gemacht werden.

Weiterführende Literatur: Günter Christ, Burg Partenstein, in: 750 Jahre Partenstein.

Ein Dorf im Wandel der Zeit, Partenstein 1985, Seiten 29 bis 36.

 


Fundstücke aus dem Hang an der Burg Partenstein präsentierte
Reinhold Scherg (Zweiter von rechts) dem Gemeinderat

 

Von der Bausubstanz der Burg In Partenstein ist nicht mehr viel vorhanden.
Lediglich ein Mauerrest kündet von der einst so stolzen Burg auf dem Schlossberg.


 
design: Kai M. Wurm
menu back print