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Lohrer Echo, 08.05.2003

"Luxusleben" auf Partensteiner Burg

by Tanja Breitenbach


Erdrutsch brachte mehr als 4000 interessante Fundstücke ans Tageslicht

Partenstein. Keine Goldschätze aber historisch wertvolle Funde von der Partensteiner Burg wurden dem Gemeinderat im Sitzungssaal des Rathauses präsentiert. Eigentlich wollte Reinhold Scherg aus Partenstein Filmaufnahmen für das Jubiläum des Modellbaus der Partensteiner Burg vor 20 Jahren auf dem Schlossberg machen. Beim Filmen fiel ihm am Fuß eines Erdrutsches ein roter Ziegel unter einer Wurzel auf. Mit geschultem Auge erkannte der Museumstechniker vom Lohrer Spessartmuseum sofort, dass es sich bei seinem Fund um einen historischen Mönchsziegel handelt. Vom Entdeckerfieber gepackt holte er einen Schraubenzieher aus seinem Auto und legte noch einige Scherben frei.

Über seine Funde informierte er sogleich Bürgermeister Heinz Steigerwald und das Amt für Denkmalpflege, wo er sich die Erlaubnis zum Durchsieben des Erdreichs einholte. In rund 60 Stunden Arbeit holte Scherg zusammen mit seiner Tochter Nicole über 4000 Fragmente aus der Erde. Unterstützt wurde er dabei vom Archäologen Harald Rosmanitz. Der Projektleiter des Europäischen Koordinationsbüros "Pathways to Cultural Landscapes" untersuchte die Funde.

Die Forschungen zu den Funden aus der Ruine Partenstein stehen in einem direkten Zusammenhang mit dem Europaprojekt zur Erforschung von Kulturlandschaften und dem Archäologischen Spessartprojekt. So haben die Funde in Verbindung mit den Untersuchungen im Schloss in Wiesen und auf dem Vorplatz des Fuhrmann- und Heimschneidermuseums in Frammersbach wesentliche Kenntnisse zur wirtschaftlichen Entwicklung des Spessarts am Übergang von Spätmittelalter zur Frühzeit erbracht. Anhand von Bildern veranschaulichte Harald Rosmanitz die Geschichte der Burg und die Ergebnisse seiner Untersuchungen. Von der Bausubstanz der Burg Partenstein ist so gut wie nichts mehr erhalten. Nach Aussage der überlieferten Darstellungen und Archivalien war die Burg schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts in einem schlechten baulichen Zustand und wurde im 17. Jahrhundert aufgegeben. In den letzten 200 Jahren diente sie als Steinbruch zur Errichtung der Häuser in Partenstein.

Dennoch bekomme man vor Ort durch den noch erkennbaren Halsgraben eine Vorstellung von der Bedeutung der Anlage. Immerhin habe man den dort anstehenden Sandstein bis in eine Tiefe von zehn Metern abgetragen, um dem Angreifer den Zugang zur Burg zu erschweren. Bislang wisse man über die Burg, ihre Bedeutung und ihre Bewohner vergleichsweise wenig. Besonders gelte dies für die Blütezeit, die nach Ausweis der Funde grob zwischen 1350 und 1500 angesetzt werden kann. Durch die nun neu zu Tage getretenen Funde könne zumindest etwas Licht ins Dunkel gebracht werden, so Rosmanitz. An der Fernstrasse Lohr - Gelnhausen und am Schnittpunkt zweier Täler gelegen, beherrschte die Anlage eine der wichtigsten Verkehrsadern des Spessarts. Daher dürfe es nicht verwundern, wenn im Fundmaterial zahlreiche Importe nachgewiesen werden konnten. So wurden Teile von "Siegburger Bechern" aus Steinzeug gefunden. Diese Art von Keramik wurde in Siegburg bei Bonn von hoch spezialisierten Handwerkern gefertigt und war bei zahlungskräftigen Kunden besonders beliebt. Bis ein solcher Becher auf die Burg in Partenstein gelangte, hatte er einen weiten Weg hinter sich gebracht. In Köln auf dem großen Keramikmarkt erworben wurde das gute Stück über den Rhein und Main nach Lohr gebracht. Doch nicht nur die Transportkosten, sondern auch die vielen Zollschranken, die es dabei zu passieren galt, dürften den Preis mehr als verzwanzigfacht haben. Bis ein solcher Becher schließlich ankam, war er ein heiß begehrtes Luxus- und Prestigeobjekt. Eine andere Geschichte erzählt das Keramikfragment eines Pilgerhorns, ein so genanntes Aachenhorn. Dieses Blasinstrument wurde um 1400 in Langenwehe bei Aachen gefertigt. Solche Hörner waren ein beliebtes Souvenir von Pilgern, welche an der großen Heiltumsfahrt nach Aachen teilnahmen. Weitere Importe von Keramik, ebenfalls um 1400, sind aus der Töpferstadt Dieburg bei Frankfurt nachgewiesen. Von dort orderte man nicht nur hochwertiges Koch- und Trinkgeschirr. In Partenstein sorgte mindestens ein Kachelofen aus den Dieburger Werkstätten im Winter für Wärme. Insgesamt sprächen die Funde dafür, dass die Kachelöfen der Burg Partenstein sehr modern und außerordentlich aufwendig gestaltet waren. Mehr als ein Dutzend verschiedene Öfen konnten nachgewiesen werden. Besonders hervorzuheben sei ein Ofen mit den wohl ältesten reliefverzierten Kacheln in Franken, zu dem bislang Vergleiche lediglich in Regensburg, Zweibrücken und Prag vorliegen. Die Bildersprache auf diesem Luxusartikel besteht aus Architekturzitaten und Figuren aus Heiligenlegenden. Ein Eckstück zeigt einen Löwen, wie er auch auf Fliesenböden, Wandbehängen oder Schnitzereien auf Möbeln jener Zeit anzutreffen war. Die genannten Beispiele zeigten, welche Bedeutung den mehr als 4000 gefundenen, meist nur daumennagelgroßen Scherben aus der Ruine zukomme. Sie erzählten Geschichte(n), beleuchten das Alltagsleben der Burgbewohner und führen vor Augen, dass die Burg Partenstein am Übergang vom Mittelalter zur Renaissance mehr als nur eine Spessartburg unter vielen war. Die Funde widerlegten auch das Klischee des "armen Spessarts". Verglichen mit Südwestdeutschland lebten hier Niederadlige und Handwerker in Saus und Braus. Die Region erlebte eine frühindustrielle Revolution, basierend auf zahlreichen Mühlen, der Holzverarbeitung, der Glasmacherei und dem Schmiedehandwerk. Nur durch einen solchen Wirtschaftsboom lasse sich die reiche Ausstattung der Partensteiner Burg in diesen Jahrhunderten erklären. Nach der Aufarbeitung der Funde sollen die Ergebnisse im Rahmen eines Vertrags und einer Ausstellung im Herbst 2003 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

 


Einen kleinen Teil der Funde von Partenstein zeigte Reinhold
Scherg (Vierter von rechts) den erstaunten Gemeinderäten des
Ortes im Sitzungssaal des Rathauses.


Das Leben auf der Partensteiner Burg war damals luxuriös.
Teile eines Kachelofens zeugen von enormen Wohlstand


Geringen materiellen aber umso mehr historischen Wert haben
einige Münzen, die auf dem Gelände der Partensteiner Burg gefunden
wurden.


 
design: Kai M. Wurm
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