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Kieler Nachrichten, 30.01.2003

Ohne Gewürze geht es auch - Kulinarische Reise in die Steinzeit

by Thomas Christiansen


Albersdorf. Das war schon eine Herausforderung für Küchenchef Dieter Jahn. Essen wie in der Steinzeit stand Dienstagabend auf dem Speiseplan im Hotel Ohlen in Albersdorf bei Heide. Zwölf Teilnehmer eines Kurses des Archäologisch-Ökologischen Zentrums Albersdorf (AÖZA) versetzten sich geschmacklich zurück in die Vorgeschichte. "Ob das jedermanns Sache ist, wage ich zu bezweifeln", hatte Jahn noch in der Küche zu seinem ersten Gang, einer "sehr einfach gehaltenen" Fischsuppe, gesagt. Es war. Dennoch freuen sich schon alle auf etwas üppigere Mahlzeiten, wenn nächsten Dienstag die Römerzeit an der Reihe ist. Für den Koch war weniger die Zubereitung als vielmehr die Beschaffung der Zutaten das größte Problem: "Vieles gibt es heute gar nicht mehr oder zumindest nicht im normalen Handel", sagt Jahn. Dörrfleisch zum Beispiel hat er in Albersdorf und Umgebung gar nicht bekommen. Auch auf den üblichen Griff ins Gewürzregal musste Jahn verzichten. "Ich finde nicht, dass die fad ist", meint Anny Bock zu der Suppe, die aus nichts weiter außer Wasser, Fisch und etwas Salz besteht. Und dabei hat Jahn schon ein wenig geschummelt, denn Salz war in der Steinzeit Mangelware: "Ich habe etwas neuzeitlich gekocht, damit das für den heutigen Geschmack genießbar ist." Auch die Lammschulter, die Jahn einem Steinzeitofen ähnlich acht Stunden lang im Bräter bei l00 Grad("höhere Temperaturen hatte man früher nicht") geschmort hat, gefällt. Nur Pemikan, ausgelassener Speck mit Fett und Grieben sowie zermahlenes Trockenfleisch, löst keine Begeisterung aus. "Das ist zu fettig. Für den heutigen Geschmack ist das nur auf Brot als Schmalz denkbar", sagt Rüdiger Kelm zu Pemikan. Der Archäologe vom AÖZA hatte die Idee zu der kulinarischen Zeitreise von der Vorgeschichte bis zu den Römern. Vor der Verkostung kommt die Theorie. Hatte Kelm zu Beginn über die Quellen (etwa Spuren von Fetten an Gefäßresten) und die Entwicklung der Essgeräte (die Gabel war bis zum späten Mittelalter unbekannt) berichtet, widmet er sich nach den Gerichten aus der Alt- nun der Jung-Steinzeit, als die Menschen von Jägern und Sammlern zu Ackerbauern und Viehzüchtern wurden. Jahn hat dazu ein Fladenbrot mit Nüssen gebacken, einen Steinzeit-Eintopf mit Gerste, Weizen, Linsen, Erbsen und Fisch gekocht und einen AÖZA-Teller mit Salat und Fleisch zusammengestellt. Statt mit modernen Dressings hat er den Salat mit Apfelmus und Ahornsirup gewürzt. Kelm versäumt nicht den Hinweis auf geänderte Tischsitten: "Wahrscheinlich ging es bei der steinzeitlichen Horde lauter zu", sagt er den Teilnehmern. Die trauen sich nicht mal, mit dem Finger nachzuhelfen, wenn das Löffeln der Fleischstücke misslingt. Jahn ist nach dem Ausflug in die Vorgeschichte eher ernüchtert: "Kochen wie in der Steinzeit ist ein mühseliges Unterfangen." Damals sei es eben nur darum gegangen, "irgendwie den Magen zu füllen." Auch er freut sich schon auf den zweiten Abend, wenn es um die Römerzeit geht: "Da sieht man schon die Steigerung." Sobald das AÖZA-Gelände, auf dem seit 1997 ein Steinzeitdorf, eine Urlandschaft und ein Museum entstehen, über Voraussetzungen wie etwa fließendes Wasser verfügt, hofft Kelm auf praktische Steinzeit-Kochkurse. Im steinzeitlichen Handwerk kann man sich dort schon jetzt üben. Mitglieder des AÖZA-Fördervereins wie Anny Bock gestalten regelmäßig Steinzeit-Wochenenden in Albersdorf. Für sie war der Abend mit den steinzeitlichen Gerichten "so eine Art Weiterbildung", sagt Kelm. Gelernt hat auch Nichtmitglied Ingeborg Schramm etwas: "Heutzutage wird vieles verkocht, weil falsch dosiert wird. Bei dieser Zubereitung kommt der typische Geschmack der Lebensmittel viel stärker heraus."

 

Steinzeit-Eintopf nach Dieter Jahn

Je 200 Gramm Gerste und Weizen (oder Dinkel) fünf bis sechs Stunden in 2,5 Liter Gemüsebrühe quellen lassen und mit je 200 Gramm Linsen und Erbsen zwei Stunden kochen. 100 Gramm Dörrfleisch oder Fisch und 200 Gramm Porree (als moderne Zutat) dazu geben, mit Bärlauch (oder Knoblauch), Sauerampfer, Wiesenkerbel, Brennnessel, junger Schafsgabe, Wegerich und Knöterich würzen und zum Schluss 300 Gramm saure Sahne unterziehen.

 

Musste auf das Gewürzregal verzichten:
Küchenchef Dieter Jahn mit Lammschulter
und Fladenbrot.

Holzlöffel, Schale und ein Krug mit naturtrübem Apfelsaft:
Essen und Trinken wie in der Steinzeit.

Fotos Paesler


 
design: Kai M. Wurm
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