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Mitarbeiterzeitung der Stadt Aschaffenburg, 01.02.2002

Auf Demeters Spuren durch den Schönbusch

Das Archäologische Spessart-Projekt bemüht sich verstärkt seit 1998 um die Erschließung der Kulturlandschaft Spessart. Gemeinsam mit den Museen der Stadt Aschaffenburg möchte es auch unbekannte Aschaffenburger Landschaften Bürgern wie Gästen unserer Stadt näher bringen. Ein Projekt beschäftigt sich mit dem Schönbusch. Dieser ist zwar bestimmt nicht unbekannt, aber auch im Bekannten lässt sich Neues entdecken. Und der Schönbusch ist als Landschaftspark gewissermaßen die ultimative Kulturlandschaft, eine Landschaft, die ganz vom Menschen geplant und geschaffen wurde, in der jeder Wasserlauf, jeder Hügel und jeder Baum mit Bedacht geschaffen und gepflanzt wurden. Der Schönbusch, hauptsächlich im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts angelegt, unterschied sich von den höfischen Parks, die nur dem Fürsten und seinem Gefolge zugänglich waren. Im Gegensatz dazu stand er von Anfang an auch den Bürgern offen. Bei der Anlage eines Landschaftsparks erfüllten die einzelnen Teile bestimmte Funktionen, standen für alpine Landschaften, Ruhe und Einkehr, einfaches Leben auf dem Lande usw. Doch schon seit der Renaissance wurden bei der Gestaltung solcher Gärten komplexe Ideengebäude durch die Gartenarchitektur dargestellt. So entwickelte der damalige Direktor des Spessartmuseums Lohr, Werner Loibl, schon vor mehreren Jahren die Theorie, dass sich auch im Schönbusch ein derartiges Konzept versteckt.

Wenn auch noch einiges an Forschungsarbeit zu leisten ist, so ermöglicht der von ihm als Leitfaden vorgeschlagene antike Demetermythos es doch, in die Vorstellungswelt des 18. Jahrhunderts einzudringen. Der Mythos handelt von der dramatischen Entführung der Persephone, Tochter der Demeter, Göttin der Fruchtbarkeit, des Ackerbaus und der Viehzucht, durch Hades, dem Gott des Totenreiches. Verleitet durch wunderschöne Blumen, die Flora erblühen ließ, entfernte sich Persephone von ihren Gefährtinnen. Plötzlich öffnete sich die Erde und Hades riss Persephone mit sich in die Unterwelt. Demeter hörte ihren Angstschrei, doch als sie eintraf, hatte sich die Erde wieder geschlossen und Demeter irrte auf der Suche nach ihrer verschollenen Tochter durch die Berge. Dort traf sie auf Hirten, die sie nach ihrer Tochter fragte, sie durchstreifte die Dörfer und Städte der Welt, doch keine Spur, in tiefer Verzweiflung rieten ihr Freunde nach Eleusys zu gehen. Dort traf sie beim Wasserschöpfen auf die Königstochter, wurde von der Königin freundlich aufgenommen. Schließlich riet ihr hier die weise Göttin Hekate, den Sonnengott Helios nach ihrer Tochter zu befragen. So erfuhr schließlich Demeter vom Schicksal ihrer Tochter. Doch als sie den Göttervater Zeus um Hilfe bat, stieß sie auf Ablehnung. Enttäuscht zog sie sich in ihren eigenen Tempel in der Einsamkeit zurück und vernachlässigte ihre göttlichen Pflichten. Darauf verdorrte alles Leben auf der Erde, die Menschen hungerten und konnten den Göttern keine Opfer mehr bringen. So entschloss sich Zeus schließlich doch, bei Hades zu vermitteln. Am Ende stand ein Kompromiss - Persephone durfte einen Teil des Jahres bei ihrer Mutter auf der Erde verbringen, den anderen Teil musste sie bei Hades in der Unterwelt verweilen, ihre Rückkehr zur Mutter wurde mit einem großen Fester gefeiert.

Die einzelnen Stationen dieser Legende lassen sich nun im Schönbusch logisch mit einem Rundgang verbinden. Die Geschichte beginnt auf der Wiese vor dem Festsaal, dessen Decke mit einem Gemälde der Flora geschmückt ist. Weiter geht es zu den Hirtenhäusern (Frage an die Hirten) und in das Dorf (Suche in den Dörfern und Städten). Am Philosophenhaus erhält Demeter den Rat nach Eleusys zu gehen, wo sie am Bach die Königstochter trifft. Der Freundschaftstempel steht für die freundliche Aufnahme in Eleusys, der dreigesichtige Kopf im Giebel des Tempels für die dreigesichtige Hekate. Die nächsten beiden Stationen existieren heute nicht mehr: am oberen See befand sich ein Obelisk, Verkörperung des Sonnengottes Helios, und der runde Demetertempel am äußersten Rand des Parks, der nach Beschädigungen während der napoleonischen Kriege abgetragen wurde. Schließlich führt der Weg über den Kanal, als Hinweis auf den Unterweltstrom Styx, zum kurfürstlichen Pavillon, an dem die Rückkehr der Persephone gefeiert wird. Das antike Dankopfer ist am Giebel des Pavillons dargestellt. Ein solcher Mythos lässt sich auf verschiedenen Ebenen deuten. Die Suche der Demeter symbolisiert das Leben des suchenden Menschen, die verschiedenen Stationen stehen für die Grade der Initiation des Eingeweihten. So bietet der Demeterweg Raum für die unterschiedlichsten Spekulationen philosophischer, theologischer oder auch freimaurischer Natur. Er erlaubt demjenigen, der die Hintergründe kennt, beim Spaziergang gelehrte Gespräche zu führen, und auf eine geistige Wanderung zu gehen, die der Masse der Besucher verschlossen bleibt. Solche intellektuellen Spiele waren gerade im 18. Jahrhundert unter Adligen und Bildungsbürgern sehr beliebt. Aber wer Freude daran hat, kann auch heute noch die Bewegung in kunstvoll gestalteter Natur mit geistiger Anregung verbinden.


 
design: Kai M. Wurm
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