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Main-Echo, 06.11.2002

Mehr als nur ein historischer Zeitzeuge

by Ulrich Gatscher


Alter Wegweiser "Am Hirschhörner" oberhalb von Heigenbrücken zeugt von lebendiger Spessartgeschichte

Heigenbrücken. Herbstliche Impressionen im Hochspessart! Wie in jedem Jahr wehen die ersten Stürme über die Anhöhen der waldreichen Region und fegen die letzten verbliebenen Blätter von den Baumwipfeln. Nass, kalt und grau ist es in diesen Tagen geworden und eigentlich kein so rechtes Wetter für ausgiebige Ausflüge in die Natur. Doch vielleicht ist das der besondere Reiz, sich mit diesem natürlichen Phänomen auseinander zu setzen. Gibt nicht gerade jetzt der Wald so manches interessante Geheimnis preis, dass er in seiner eigentlichen Blütezeit hinter grünen Sträuchern, Ästen und Winkeln verbirgt. Der Mensch, der in seinem langen Dasein stets Einfluss auf die Umwelt nimmt, hinterlässt auch hier prägnante Zeichen und Spuren, die sich recht unterschiedlich zeigen können - warum nicht auch in schmiedeeiserner Form.

Seit Jahrhunderten ist der Spessart natürliche Barriere für Reisende aus dem Maintal in Richtung Mainfranken. Entbehrungen, Sorgen, Angst und Schweiß zeugen in der langen Geschichte der Region von den Anfängen der Besiedlung bis hin zur mühevollen Erschließung der finsteren Wälder. Der Mensch treibt dabei Pfade, Wege und Straßen durch den mächtigen Forst, um seinesgleichen an entfernteren Orten zu erreichen.

Blickt der Betrachter in der Geschichte zurück, so findet er viele Merkmale, die auf frühere Strukturen schließen lassen und zum Teil bis in die Jetztzeit von Bedeutung sind. Hier sei nur die Wegespinne "Sieben Wege" genannt, die bis heute den Nah- und Fernverkehr aus zum Beispiel Aschaffenburg in Richtung Würzburg gewährleistet. In alle Himmelsrichtungen gehen von dort Wege und Straßen ab, die zu weiterführenden Verkehrsverbindungen und zu den einzelnen Ansiedlungen bzw. Gemeinden führen. Gut ausgebaute Straßen mit weißen Markierungen und reflektierenden Hinweisschildern machen die Durchquerung des Spessarts für den modernen Reisenden zu einem Kinderspiel - doch es war das nicht immer so. Folgt der interessierte Waldbesucher den alten Pfaden und Wegen, so wird deutlich, dass es zu früheren Zeiten nicht so leicht war, von A nach B zu kommen.

Wer auf seinem Spaziergang oder seiner Wanderung an der Gemarkung Am Pollasch vorbeikommt, das bekannte Spessartbund-Ehrenmal von 1927 an der Wodianka-Schutzhütte besichtigt und den weiten Ausblick in das herrliche Laufachtal genießt, stößt nach einigen hundert Metern in Richtung Heigenbrücken auf den historischen Wegweiser "Am Hirschhörner". Das aus Schmiedeeisen gefertigte Hinweisschild steht am historischen Altweg, der heute als Wanderweg bekannt ist und von Heigenbrücken über Hain im Spessart nach Laufach führt. Etwa zwischen 1870 und 1890 bekommt der Wegweiser seinen Standplatz, dem er bis dato treu ist. Damals vom Forstamt in Hain bei der Eisengießerei Rexroth in Lohr in Auftrag gegeben, wird das Hinweisschild im Stil der Epoche gestaltet und genau so erinnert es den heutigen Betrachter an die frühen Anfänge in Sachen Tourismus, die etwa zeitgleich war.

Im Laufe der Jahrzehnte ist der eiserne Kamerad etwas in seiner betagten Jugend ergraut und man sieht es ihm an. Ein Teil des kunstvoll gefertigten Geweihes ist abgebrochen, die Schweißnähte stellenweise gerissen und von der ursprünglichen Farbe nicht mehr viel zu sehen, da alles verwittert ist - eigentlich schade! Doch halt - die Zeit ist reif für ein interessantes Vorhaben, das auch den alten Wegweiser mit einbezieht. Unter Federführung des Archäologischen Spessart-Projekts in Aschaffenburg werden Historie und Zeugnisse einer vergangenen Ära wieder aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt, denn der Verein kümmert sich um die wissenschaftliche Erforschung der Kulturlandschaft Spessart, die so manch wertvolles Schätzlein in sich birgt. Bis zu 8000 Jahre alte Artefakte zeugen von der Entstehung dieser Region - die Jungsteinzeit lässt grüßen. Damit zurück zu unserem eisernen Weggefährten.

In Zusammenarbeit der Gemeinde und des Forstamtes Heigenbrücken sowie des dortigen Heimat- und Geschichtsvereins und der Eisenwerke Düker in Laufach werden notwendige Restaurierungsarbeiten durchgeführt. So legt Albrecht Scholl von der Firma Düker persönlich Hand an, um schadhafte Teile zu ersetzen und auszubessern. Anschließend besorgt Heinz Kunkel aus Heigenbrücken den entsprechenden Anstrich und die Beschriftung der Tafeln. Nach der verabreichten Frischzellenkur erstrahlt der historische Wegweiser »Am Hirschhörner« wieder in altem bzw. neuem Glanz und steht wieder auf seinem angestammten Platz. Die aktuellen Unternehmungen des Archäologischen Spessart-Projekts, das vom Programm "Kultur 2000" der Europäischen Union und auch von vielen Einzelbetrieben gefördert wird, machen es möglich.

Auf einem ausgewiesenen Rundwanderweg (rund 6 Kilometer lang), der entlang der alten Forststraßen führt, können Spaziergänger und Wanderer Wissenswertes über die Vergangenheit der bewaldeten Region erfahren. Separat aufgestellte Informationstafeln geben an speziellen Punkten Auskunft über markante Funde, historische Ereignisse und erzählen über Zeitzeugen, die auch nach Jahrzehnten und Jahrhunderten nichts von ihrem Reiz verloren haben. Der schmiedeeiserne Wegweiser am Pollasch gehört sicher mit dazu und wer weiß, vielleicht erzählt der eiserne Zeitzeuge so manchem einsamen Wanderer von seinen eigenen Erlebnissen - Geschichte kann doch so richtig lebendig sein!

 

Seit mehr als 100 Jahren steht das schmiedeeiserne Hinweisschild "Am Hirschhörner" auf der Anhöhe des Pollasch und gibt die Wegrichtungen nach Heigenbrücken, Jakobsthal, Laufach-Hain und Rothenbuch vor. Nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten ist der alte Wegweiser Bestandteil eines bemerkenswerten Rundwanderweges, der Spessartbesucher auf seinem Verlauf über die Geschichte der Region Informiert. Großflächige Tafeln helfen dabei.

Fotos: Peter Rogowsky / Ulrich Gatscher


 
design: Kai M. Wurm
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