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05.05.2003

Die Funde von der Burg Partenstein

Am Montag, den 05. Mai 2003 präsentierte der Projektleiter des Europäischen Koordinationsbüros "Pathways to Cultural Landcapes" dem Gemeinderat von Partenstein die in den letzten Monaten geborgenen Fundstücke von der Burg Partenstein.

Die Forschungen zu den Funden aus der Ruine Partenstein stehen in einem direkten Zusammenhang mit dem Europaprojekt zur Erforschung von Kulturlandschaften und dem Archäologischen Spessartprojekt, da diese über die Erhellung der Ortsgeschichte hinaus - in Verbindung mit den Untersuchungen im Schloß in Wiesen und auf dem Vorplatz des Fuhrmann- und Heimschneidereimuseums in Frammersbach - wesentliche Kenntnisse zur wirtschaftlichen Entwicklung des Spessarts am Übergang von Spätmittelalter zur Frühneuzeit erbracht haben. Diese Vorgänge wirkten sich unmittelbar auf die Kulturlandschaft Spessart aus und hatten einen nicht unwesentlichen Anteil an dem heute bestehenden Landschaftscharakter.

Von der Bausubstanz der Burg Partenstein hat sich heute so gut wie nichts mehr erhalten. Nach Aussage der überlieferten Darstellungen und Archivalien war die Burg schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts in einem schlechten baulichen Zustand und wurde im 17. Jahrhundert aufgegeben. In den letzten zweihundert Jahren diente sie als Steinbruch zur Errichtung der Häuser in Partenstein. Dennoch bekommt man vor Ort durch den noch erkennbaren Halsgraben eine Vorstellung von der Bedeutung der Anlage. Immerhin hat man dort den anstehenden Sandstein bis in eine Tiefe von zehn Metern abgetragen, um dem Angreifer den Zugang zur Burg erheblich zu erschweren.

Wir wissen bislang über die Burg, über ihre Bedeutung und über ihre Bewohner vergleichsweise wenig. Besonders gilt das für die Blütezeit, die nach Ausweis der Funde grob zwischen 1350 und 1500 angesetzt werden kann. Durch die nun neu zu Tage getretenen Funde kann zumindest etwas Licht ins Dunkle gebracht werden:

An der Fernstraße Lohr-Gelnhausen und am Schnittpunkt zweier Täler gelegen, beherrschte die Anlage bis zur Perfektionierung von Schußwaffen (gegen 1500) eine der wichtigsten Verkehrsadern des Spessarts. Daher darf es nicht verwundern, wenn im Fundmaterial zahlreiche Importe nachgewiesen werden konnten: beispielsweise Fragmente von Siegburger Bechern aus Steinzeug. Diese Art von Keramik wurde in Siegburg bei Bonn von hoch spezialisierten Handwerkern gefertigt und war bei zahlungskräftigen Kunden besonders beliebt. Die Becher waren, wie schon der Name andeutet, steinartig. Sie waren im Gegensatz zur herkömmlichen Keramik sehr hart gebrannt, tropften nicht und nahmen auch nicht den Geschmack der Getränke an. Bis ein solcher Becher auf die Burg in Partenstein gelangte, hatte er einen weiten Weg hinter sich gebracht: In Köln auf dem großen Keramikmarkt verhandelt, wurde das gute Stück über den Rhein und Main per Schiff nach Lohr getreidelt [die Schiffe wurden mit Pferden an Seiten gegen die Fließrichtung die Flüsse hinaufgeschleppt]. Doch nicht nur die Transportkosten sondern auch die vielen Zollschranken, die es dabei zu passieren galt, dürften den Preis der Ware mehr als verzwanzigfacht haben. Bis ein solcher Becher schließlich in Partenstein ankam, war er ein heiß begehrtes Luxus- und Prestigeobjekt.

Eine andere Geschichte erzählt das Fragment eines Pilgerhorns, eines sogenannten Aachenhorns. Dieses Blasinstrument war ebenfalls aus Keramik und wurde um 1400 in Langerwehe bei Aachen gefertigt. Solche Hörner waren beliebte Souvenirs von Pilgern, welche an der großen Heiltumsfahrt nach Aachen teilnahmen. In Aachen wurde am Dom von einer Galerie aus das "Kleid Mariens" gezeigt. Die Zurschaustellung dieser bedeutenden Reliquie wurde von Zehntausenden von Pilgern mit ohrenbetäubendem Lärm aus eben diesen tönernen Hörnern begrüßt. Wieder zu Hause angelangt, konnten mitgebrachte Aachenhörner vor allem zur Vertreibung von Unwettern, aber auch als normale Signalhörner genutzt werden.

Weitere Importe von Keramik sind - ebenfalls um 1400 - aus der Töpferstadt Dieburg bei Frankfurt nachgewiesen. Von dort orderte man jedoch nicht nur hochwertiges Koch- und Trinkgeschirr. In Partenstein sorgte mindestes ein Kachelofen aus den Dieburger Werkstätten im Winter für wohlige Wärme.

Insgesamt sprechen die Funde dafür, daß die Kachelöfen der Burg Partenstein durch die Jahrhunderte hinweg sehr modern und außerordentlich aufwendig gestaltet waren. Insgesamt konnte mehr als ein Dutzend verschiedener Öfen nachgewiesen werden. Besonders hervorzuheben ist ein Ofen mit den wohl ältesten reliefierten Kacheln in Franken, zu dem bislang Vergleiche lediglich in Regensburg, Zweibrücken und Prag vorliegen. Die Bildersprache auf diesen exorbitanten Luxusartikel besteht aus Architekturzitaten und Figuren aus Heiligenlegenden. Ein Eckstück zeigt einen Löwen, wie er auch auf Fliesenfußböden, Wandbehängen oder Schnitzereien auf Möbeln jener Zeit anzutreffen ist.

Die genannten Beispiele zeigen, welche Bedeutung den mehr als 4000 gefundenen, meist nur daumennagelgroßen Scherben aus der Ruine Partenstein zukommt. Sie erzählen Geschichte(n), beleuchten das Alltagsleben der Burgbewohner und führen deutlich vor Augen, daß die Burg Partenstein am Übergang vom Mittelalter zur Renaissance mehr als nur eine Spessartburg unter vielen war. Ganz nebenbei widerlegen die Funde auch das Klischee des "armen Spessart". Verglichen mit Südwestdeutschland lebten hier Niederadlige und Handwerker in Saus und Braus, erlebte die Region eine frühindustrielle Revolution, basierend auf zahlreichen Mühlen, der Holzverarbeitung, der Glasmacherei und dem Schmiedehandwerk. Nur durch einen solchen Wirtschaftsboom läßt sich die reiche Ausstattung der Burg Partenstein in diesen Jahrhunderten erklären.

Nach der Aufarbeitung der Funde sollen die Ergebnisse im Rahmen eines Vortrags und einer Ausstellung im Herbst 2003 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Weiterführende Literatur: Günter Christ, Burg Partenstein, in: 750 Jahre Partenstein. Ein Dorf im Wandel der Zeit, Partenstein 1985, 29-36.


Pottery from about 1380


Stove tile with standing lion, ca. 1380

Fragment of a person from
a stove tile, about 1380

Stove tile type, „Tannenberg", ca. 1380

A jar from Dieburg, ca. 1400

Decorated earthenware, ca. 1400

Fragment from a jar from
Siegburg end of 15 century

A stove tile with architectural elements, ca. 1450

Cup: glass from the Spessart, ca. 1500

Fragment of a carved bone

Fragment of an imported horn, cold „Aachenhorn", 15th century

Toys from about 1400


 

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